Musik ja, Gegenvorschlag nein

Auf die Initiative «Jugend + Musik» reagierte der Bundesrat mit einem sanfteren Gegenvorschlag. Doch auch diese Vorlage stösst bei der SVP auf taube Ohren. Zu viel Harmonisierung, zu viel Einfluss des Bundes.

von Nationalrat Felix Müri, Emmen (LU)

 Zehn Jahre lang war ich Posaunist in einer Guuggenmusig, während vier Jahren sogar Präsident. In meiner Freizeit höre ich liebend gerne deutschen Schlager. Musik ist wichtig. Nicht nur für mich persönlich, auch in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen spielt sie eine zentrale Rolle. Eine gute Musikausbildung liegt mir deshalb sehr am Herzen. Für die Förderung der Jugendmusik brauchen wir aber keinen Verfassungsartikel. Die Angebote der Musikausbildung sind in den Kantonen bereits sehr vielseitig und von hoher Qualität. Die Musikförderung funktioniert auf den bestehenden Rechtsgrundlagen bestens. Warum also brauchen wir eine verfassungsrechtliche Verankerung, die dem Grundsatz des Föderalismus widerspricht? Der vorliegende Gegenvorschlag führt zu mehr Einflussnahme des Bundes, die Freiheit der Kantone in der Ausgestaltung ihres Bildungswesens wird ausgehebelt. Gleichzeitig würde die Gemeindeautonomie massiv eingeschränkt. Die Gemeinden werden zu Befehlsempfängern degradiert, und die Gestaltungsfreiheit bleibt auf der Strecke.

Vernachlässigung der Hauptfächer

Fakt ist auch, dass der schulische Rucksack, den unsere Jugendlichen heute ins Berufsleben mitbringen, oft nicht mehr ausreicht. Schuld ist eine zunehmende Vernachlässigung der Hauptfächer. In meinen Augen müsste in Zukunft wieder mehr Wert auf die sprachliche Ausbildung gelegt werden. Für den späteren beruflichen Erfolg ist es unverzichtbar, dass die Schulabgänger Deutsch in Wort und Schrift beherrschen. Zudem ist es wenig sinnvoll, für ein einziges Schulfach eine Ausnahmeregelung einzuführen. Denn wenn die Musik zusätzlich gefördert wird, muss zwangsläufig ein anderes Fach Abstriche machen. Abgesehen davon glaube ich kaum, dass mehr Musikstunden automatisch zu mehr Mitgliedern in den Musikvereinen führen. Der Ausbau des Turnunterrichts hatte auch nicht zur Folge, dass wir heute mehr und bessere Sportler haben. Und zur Erinnerung: Eine Vereinheitlichung der schulischen Bildung wurde bereits mit dem Projekt Harmos angestrebt. An der Urne war die Vorlage dann chancenlos.

Nur noch mit Hochschulabschluss

Wenn der Gegenvorschlag des Bundesrates angenommen wird, ist davon auszugehen, dass als erstes die Ausbildungs- und Abschlussvoraussetzungen für Musiklehrer vereinheitlicht werden. Wer Musik unterrichten will, braucht dann zwingend einen Hochschulabschluss in Musikpädagogik. So wie Kindergärtner heute eine Matura benötigen. Es wäre das Aus für nichtstudierte, gestandene Musiker. Einmal mehr würde die Freiwilligenarbeit zurückgedrängt. Gerade im Bereich der Volksmusik, wo die typischen Eigenarten meist von heimischen Autodidakten weitergegeben werden, ist das eine gefährliche Entwicklung. Die Vereinheitlichung der Ausbildung und der pädagogischen Voraussetzungen gefährdet die Vielseitigkeit der Schweizer Musik. Kommt hinzu, dass nach einer gesetzlichen Vereinheitlichung unweigerlich der Ruf nach mehr Geld und Subventionen aus Bundesbern kommen wird. Aus diesen Gründen lehne ich auch den Gegenvorschlag des Bundesrates zur Initiative «Jugend und Musik» ab.